Tag 3

Ich merke, dass mir das Rausgehen "ohne Termin" leichter fällt. Wenn ich einfach mein Zeug packe und dann rauslaufe. Hundi ist aufgeregt, also pack ich meinen Kram; Hundetasche, Wasser, Lorazepam, Neurexan und Haustürschlüssel natürlich nicht vergessen - für den Fall der Fälle. Ich verlasse ganz schnell das Haus. 

Es ist unfassbar schwül und ich hab gar keine Lust, aber ich weiß ich muss es durchziehen. Kaum zwei Schritte gelaufen schon schwitze ich wie ein Pferd. Erst laufe ich in meine Safe Zone. Ich höre Audios ab und laufe so vor mich hin bis ich plötzlich beschließe den Weg vom Sonntag spontan allein in Angriff zu nehmen. Mich selbst herauszufordern macht irgendwie Spaß auch wenn eins der letzten Male in einer Panikattacke endete. Ich gebe nicht auf. Und bin grade irgendwie ziemlich stolz darauf. 

Also laufe ich am Wasser entlang. Mein Ziel ist die Bank, sie ist so weit weg. Aber eigentlich sind es nur rund 900 m. Rede mit Hundi und mit mir selbst. Wenn ich will kann ich jederzeit umdrehen. Soweit so gut. Ich laufe weiter. Lasse die Safe Zone hinter mir. Einen Schritt vor den anderen. Deshalb heißt es auch Fort-schritt. Haha. Immer weiter. 

Ich rede mit mir selbst. Was für ein schöner Tag ist. Wie die Vögel pfeifen und die Grillen zirpen. Es ist schön am Leben zu sein. Ich laufe weiter. 

Die Angst existiert nur in meinem Kopf. Ich muss keine Angst haben. Vor nichts und niemanden. Ich atme tief durch die Nase ein, durch den Mund aus. Die Bank rückt näher. Keine Angst, keine Panik, kein Unwohlsein, kein Drang aufs Klo zu müssen. Nur leichte Übelkeit aber das ist sicher die Aufregung weil ich so mutig bin. 

Ich komme bei der Bank an und bin stolz wie ein kleines Kind, das gerade ohne Stützräder Fahrrad gefahren ist. Ich wusle weiter Richtung offener bösartiger Feldweg und texte den wichtigen Leuten meinen Fortschritt. Alle sind happy und stolz. Das macht mich auch happy und stolz. Ich gehe den Weg weiter Richtung Heimat und fühle mich großartig. Eigentlich ist es sogar schön hier lang zu laufen? Ich fühle mich gut. Frei und gesund. Wie konnte sich das nur so schnell ändern? Muss ich jetzt jeden Weg auf der Welt nochmal gehen um die Angst dafür zu besiegen? Ich weiß es nicht aber für heute reicht mir dieser Erfolg.